Halbe Stunde
Prostitution ist eine Realität Hamburgs und dient mitunter sogar als Werbung für Toleranz und Freizügigkeit der Stadt. Doch Klischees und Mythen erschweren einen vorurteilsfreien Blick auf die Menschen, die in der Prostitution tätig sind. In der Serie Halbe Stunde geht es um den Blick hinter die Fassaden.
Halbe Stunde erzählt von Frauen, die seit zwanzig Jahren auf der Straße stehen und dort ihre Kunden treffen; von jungen Männern, die als Escort arbeiten; von Betreibern der Bars und Hotels; von Frauen aus Bulgarien und Rumänien, die der Armut ihres Heimatlandes und ihrer Perspektivlosigkeit entkommen wollen; und auch von der selbstbewussten Domina mit eigenem Studio. Sie erzählen von ihrem Leben, ihrer Arbeit und ihrem Blick auf die Welt. Fotografiert wurde am Arbeitsort: im Hotel, der Bar oder auf der Straße. Im Kontrast dazu stehen Portraits, die in privater Atmosphäre, im Café, der eigenen Wohnung oder an der Alster entstanden sind. Gemeinsam mit den im Gespräch aufgezeichneten Texten ergibt sich so ein facettenreiches Bild der porträtierten Personen. Den Fotografien gehen immer Begegnungen voraus. Sie können kurz und knapp ausfallen oder sich über einen langen Zeitraum und mehrere Treffen hinziehen. In den dabei aufgezeichneten Gesprächen kommen die Personen selbst zu Wort. Manchmal sehr persönlich, manchmal eher distanziert, schildern sie ihren Hintergrund und die Bedingungen der Prostitution. Wie viel sie von sich zeigen wollen, entscheiden sie selbst. So entstehen Porträts, die den Persönlichkeiten nahe kommen, ohne sie bloßzustellen.
Die Serie Halbe Stunde entstand in Hamburg, St. Georg. Die Stimmung in diesem Stadtteil ist angespannt. Polizeikontrollen, das Kontaktverbot und damit verbundene Bußgelder für Prostituierte und Freier wirken sich auf die Arbeit und ihr Leben aus.
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FAGHIRA*
23 Jahre
„Früher konnte ich mich auch mal ausruhen, aber jetzt muss ich immer stehen und kucken, ob die Polizei kommt.”
*Name geändert
KATARINA*
24 Jahre
„Wenn du siehst, dass der Mann eine Paranoia bekommt, dann darfst du keine Angst bekommen.”
*Name geändert
EMILIA*
78 Jahre
„Ich habe heute weniger Kunden. Ich habe alte Kunden. Einige Kunden sind weg, weil sie tot sind.”
*Name geändert
UNDINE DE RIVIÈRE
40 Jahre
„Wir wollen, dass unsere Arbeit anerkannt wird, was sie offiziell leider immer noch nicht ist.”
JAN*
23 Jahre
„Da denke ich, ich stehe nicht im Regal im Supermarkt. Ich bin immer noch ein Mensch.”
*Name geändert
DANIEL*
26 Jahre
„Für mich gibt es nur die Prostitution.”
*Name geändert